„Und – hast du schon was gefunden?“

20.09.2021

Als mir diese Frage das erste Mal gestellt wurde, stand ich gerade auf meiner ersten Lehrgrabung im Rahmen meines Studiums. Wortwörtlich knietief in Geschichte stehend, putzte* ich gerade einen Mauerrest, der sich über mehrere Meter vor dem Fragenden erstreckte. Zahlreiche Kommilitonen trugen eifrig eimerweise Erde und Scherben über den Platz und motivierte Dozenten bemühten sich redlich uns alle im Blick zu behalten und die schlimmsten Anfängerfehler abzufangen, bevor wir Gelegenheit hatten sie zu machen.

Mein Blick wanderte einmal über das Areal, bevor ich, ein wenig hilflos, aber auch durchaus stolz auf unser Arbeitsergebnis, den Fragenden wieder ansah, auf die Mauer deutete und sagte: "Na ja, das hier ist der Grundriss der Kirche, die wir gesucht haben und da überall ist der dazugehörige Friedhof." Im Gesicht meines Gegenübers wechselten sich in schneller Frage Überraschung, Interesse und auch ein wenig Enttäuschung ab. "Ach? Aber nichts Richtiges oder? Kein Gold oder so?"

Nein. Natürlich nicht und anders als den Besucher, hat das in der Fläche auch niemanden überrascht oder enttäuscht. Wir waren ja nicht auf der Suche nach einem verlorenen Goldschatz, sondern suchen eine Kirche und eine Siedlung, die, wie so viele, im 30-jährigen Krieg niedergebrannt und ausgelöscht wurde. Wir waren nicht auf der Suche nach Gold und Edelsteinen, die den plündernden Horden entgangen sein mochten, sondern wollten etwas über die bäuerliche Lebensweise der Zeit erfahren, wollten lernen, wie und ob die Kirchen in diesen unruhigen Zeiten befestigt wurden, was alles zu einem Hof gehörte und natürlich auch, ob die schriftlichen Quellen die Vernichtung des kompletten Dorfes korrekt berichteten oder ob übertrieben wurde, um den Gegner als bestialische Schlächter darzustellen. Bestattungsriten waren ebenso von Interesse wie die übliche Dachbedeckung. Viele dieser Fragen konnten durch die Auswertung der Grabungsergebnisse ein stückweit beantwortet werden.

Das ist natürlich sehr schön, aber ich möchte hier noch einmal auf diese Schatzsache zurückkommen. Es sollte bei weitem nicht das letzte Mal sein, dass mir diese Frage in dieser oder ähnlicher Form begegnete. Und auch die Kollegen berichten davon, dass diese Frage zu ihrem Arbeitsalltag gehört. Kaum eine Grabung auf der nicht nachgefragt wird, ob man schon Gold oder so gefunden hat. Und auch in anderen Zusammenhängen wird und wurde uns immer wieder vorgeworfen, dass wir "nichts" finden könnten, wo doch die Laiensondengänger große Schätze heben würden. Hier sei auf den "Schatz der Sachsen" verwiesen.

Dieser Vorwurf ist deshalb unfair, weil er am eigentlichen Ziel der archäologischen Arbeit vorbei geht. Deshalb wird es in den nächsten Wochen hier jeden Montag um Schätze und Archäologen gehen. Dabei wird auch die Arbeit der Sondengänger beleuchtet, die Probleme von reinen Schatzsuchen thematisiert und kritisch beleuchtet, ob die Archäologie ihre Ziele richtig kommuniziert.

* "Putzen" bezeichnet in der Archäologie nicht das Behandeln von Funden mit Putzmitteln, Besen oder ähnlichem. Archäologen "putzen" in aller Regel den Boden, in dem sie ihn mittels Kellen von Krümeln befreien, so dass beispielsweise Umrisse von Bodenverfärbungen deutlicher zu Tage treten und dann auch besser zu fotografieren oder zu zeichnen sind.

Ergebnisse der Grabung nachzulesen bei:

E. Michl, "Castellum, Curia, Palatium?! Die mittelalterliche Besiedlungsgeschichte eines mainfränkischen Zentralortes auf dem Kapellberg bei Gerolzhofen". Bamberger Schriften zur Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit 5 (Bonn 2015).

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